Situation der Familien

Durch die Flucht und das Leben in der Fremde erfahren arabische Familien in Deutschland einen Strukturwandel. 
Die Familie befindet sich ohne Vorbereitung in einer Gesellschaft, in der es zwar vielfältige Beratungs- und Betreuungsangebote gibt, die gewohnten verwandtschaftlichen Beziehungen als unterstützendes Element jedoch wegfallen. 

Die betroffenen Familien werden mit vielen Veränderungen konfrontiert: 

  • Die Bindung in der Ehe erzeugt keine dauerhafte Loyalität mehr.
  • Die Zugehörigkeit zu einer Familie war im traditionellen Herkunftsmilieu verpflichtend, in der „fremden“ Gesellschaft, in der die Familie sich neu orientieren muss, besteht keine derartige Pflicht mehr. 
  • Die klassische Rollenverteilung innerhalb der Ehe ( der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt) geht verloren. 
  • Die Alten, als Instanz der Weisheit, erfahren Bedeutungs- und Funktionsverluste. 
  • Die Eltern-Kinder-Beziehungen stehen im Spannungsfeld zweier Kulturen und Erziehungsmethoden. 
  • Die Eltern gehen immer noch davon aus, dass Erziehung religiös bestimmt ist und die wichtigste Aufgabe daher die moralische Züchtigung darstellt. Die Kinder wollen Vertraute ihrer Eltern werden. Die elterliche Autorität erfährt unter diesen Bedingungen eine zusätzliche Herausforderung. Die Beziehungen zu den Kindern können nicht mehr ohne Weiteres über traditionelle Statuszuschreibungen gestaltet und normativ durchgesetzt werden. 
  • Hinzu kommt, dass die arabischen Familien in der deutschen Gesellschaft den zunehmenden Rückzug der Kirche erleben. Ihre Wahrnehmung der deutschen Familie stellt diese als autonom und in ihrer Binnenbeziehung weitgehend vom sozial verpflichtenden Zugriff religiöser Moralsysteme befreit dar. Davor haben arabische Familien Angst und verstärken im Gegenzug ihre religiösen Bindungen 

Weiterhin haben es die Flüchtlingsfamilien mit besonderen Verarbeitungs- und Anpassungskrisen zu tun, die sich mit dem häufig zeitgleich auftretenden Zerfall von Partnerbeziehungen und der Flüchtlingssituation an sich erklären lassen. Auf Grund der Asyl- und Flüchtlingspolitik in Berlin, sind sie Arbeitslosigkeit und damit einhergehender Armut ausgesetzt. Dies bedeutet stets die synchrone Anwesenheit destabilisierender Faktoren, die die Lebensführung beeinträchtigen.